1987. Christel’s Weinstube. Und Künstlerinnen und Künstler, die sich dort trafen. Rauchgeschwängerte Gespräche und Aufbruchsstimmung. Eine Bohème, die sich ausprobierte nach den Verheerungen des entfesselten Nationalsozialismus.
Freiheit sehen wir in diesem Bild. Und Glück. Eine bunte Gesellschaft in einer bunten Welt, in die sich auch der damalige Oberbürgermeister Dr. Reiland, Bürgermeister Dehn und Main-Echo-Fotograf Ertl einreihen.
Es war ein physischer und psychischer Neuanfang, der eine erstaunliche Entwicklung hervorbrachte. Die systematische Vergewaltigung des Geistes erlebte nach der im Dritten Reich unterdrückten Moderne eine eruptive Befreiung, die sich thematisch und stilistisch niederschlug.
„Wer wir waren – Was wir sind“. Kunst lebt nicht im luftleeren Raum. Kunst hat Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Der Kunstverein Glattbach präsentiert mit seiner Ausstellung Momentaufnahmen von Künstlerinnen und Künstlern der Nachkriegszeit, die sich in diesem Spannungsfeld neu definieren mussten. Auf der Suche nach ihrem persönlichen Ausdruck schärften sie ihr künstlerisches Profil, so dass die Stilrichtungen des 20. Jahrhunderts sich hier in komprimierter Ausdrucksform wiederfinden. Auf diese Weise gerät das einzigartige Bild von Arpad Bari zu einer meisterhaft inszenierten Bestandsaufnahme einer Zeit, in der Kunst einen hoch virulenten gesellschaftlichen Diskurs führte.
Daraus ergibt sich auch der Bezug zu Heute. Die Künstlerinnen und Künstler des Kunstvereins Glattbach haben sich ebenfalls auf den Weg gemacht. In einer saturierten Gesellschaft sieht dieser anders aus als früher. Die Vielfalt kennt keine Grenzen und auch die Freiheit nicht. Sich in diesem Spannungsfeld zu entfalten, erfordert immer wieder die Überprüfung des eigenen Standpunkts und vor allem Mut, in der Freiheit zu bestehen:
„Wer wir waren – Was wir sind“.
Die Kunst braucht die Freiheit und die Freiheit braucht Kunst.